Klangwelt
Kreis Steinfurt
Hans-Jürgen Poëtz
Klangwelt Kreis Steinfurt beschäftigt sich mit der akustischen Abtastung der topografischen, örtlichen und historischen Identität des Landkreises Steinfurt. In Auseinandersetzung mit den 24 Kommunen soll – in Kooperation mit vor Ort lebenden Personen – eine für jede Region charakteristische Klangwelt entwickelt werden. Ziel ist es, die “akustische DNA” der 24 Regionen zu einem installativen Klangerlebnis zu formen, um aus den vertrauten Klängen etwas Neues entstehen zu lassen. Dem Projekt wird zur Kommunikation, Information und Mitgestaltung diese eigens dafür geschaffene Website beigestellt.
Mit einem mobilen Aufnahmegerät ausgestattet, sollen Orte, Menschen, Gebäude und Landschaften mit unterschiedlichen Mikrofonen (Körperschall-, Raum-, Wasser- und Richtmikrofone) akustisch aufgezeichnet werden. Der Ort ist nicht nur als ein Gefäß für eingebrachte Klangereignisse zu betrachten, sondern er wird selbst zum Instrument und Gegenstand meiner künstlerischen Intention. Aus einer ersten Recherche werden folgende Klänge/ Klangorte aus den 24 Gemeinden bezeichnend sein (siehe Karte). Die Auswahl der finalen Klänge muss natürlich noch genauer erforscht werden. Sie erfolgt erfahrungs- und prozessorientiert und ist auch abhängig von Kooperationen und Partizipation.
In seinem Buch “The Decay of Lying” merkt Oscar Wilde an, dass man den Nebel in London erst wahrgenommen hat, nachdem er von den Impressionisten gemalt wurde. Ihm zufolge ermöglicht erst die Kunst den Menschen, sich seiner Umgebung bewusst zu werden. Die Grundidee des Projektes ist nicht, dem Ort etwas hinzuzufügen oder entgegenzusetzen, sondern Bestehendes aus anderen Blickwinkeln zu betrachten, um neue Antennen und Sensoren für die Umgebung zu entwickeln. Die 24 Kommunen selbst, ihre Geschichte, ihre Topografie und ihre Menschen werden zum Gegenstand der Untersuchung und formen neue Schnittstellen der Betrachtung.
Wo liegen die verborgenen Qualitäten der Orte? Welche Rolle spielt die historische Situation? Welche Rolle spielt die topografische Lage? Welche Rolle spielen die Menschen? Was charakterisiert die jeweilige Region? Wie klingen die Gebäude? Welche Vibrationen sind wahrnehmbar? Was passiert, wenn man Orte abseits ihrer Funktion untersucht? Welche Potenziale sind erkennbar? Was liegt im Verborgenen? Was wird dem jeweiligen Schauplatz gerecht? Wie wird der jeweilige Ort mit all der stattfindenden Bewegung und seinem Umraum wahrgenommen? Wie gestaltet sich unser Blick in die Zukunft? Wie klingen die Orte und Landschaften? Hat jede der 24 Kommunen spezielle Klangwelten? Was markiert solche bezeichnenden Orte? Und was passiert, wenn sich alle 24 Klangspuren zu einem Stück verbinden?
Wie man diese Fragen auch zunächst beantworten mag, immer verweisen sie auf eine wesentliche Komponente der künstlerischen Auseinandersetzung – den Ort, an dem etwas Raum (er)greift. So entsteht eine klangfotografische Spurensuche im Areal Kreis Steinfurt, deren Menschen, Sprache, Natur, Technik und Gebäude das Klangmaterial für ein ortsspezifisches und multidisziplinäres Kunstprojekt liefern.
Ziel ist es, aus jeder einzelnen Gemeinde eine bezeichnende Klangwelt zu finden, die eine bestimmte Geschichte erzählt, vor Ort lebende Menschen, ihre Sprache, ihre Traditionen und ihre Freizeitaktivitäten untersucht, spezielle Gebäude und Objekte vertont, sowie aus Natur und Technik ein völlig neues Klangerlebnis formt. Die Auswahl der Klangorte aller 24 Kommunen wird zudem aufeinander abgestimmt, um die differenzierte Klangwelt des Kreises Steinfurt auch auf ein Gesamt(klang)bild hin zu arrangieren, das sowohl Überschneidungen als auch Kontraste zulässt und charakteristisch für das Kreisgebiet ist.